Am 4. Mai diskutierten am GLS Campus in Berlin 51 Wasserexpertinnen und -experten aus den Bereichen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft wie die Praxis in angewandten Forschungsvorhaben zu besser verwertbaren Ergebnissen gelangt. Insgesamt waren 14 der insgesamt 15 ReWaM-Verbundprojekte bei der Veranstaltung vertreten. Neben Akteuren aus ReWaM nahmen außerdem Delegierte von Landesministerien sowie der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) teil. Der Workshop fand im Rahmen des ReWaM-Querschnittsthemas 1 „Wissenstransfer und Praxistransfer“ statt und wurde von den beiden Sprechern der Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Gabriele Gönnert und Dr.-Ing Friedrich-Wilhelm Bolle, gemeinsam mit dem Vernetzungs- und Transfervorhaben ReWaMnet organisiert und durchgeführt. Ziel der Veranstaltung war die Analyse geplanter oder bereits erfolgter Praxistransfer-Beispiele aus der laufenden ReWaM-Forschung sowie die Ausarbeitung von Checklisten, welche die Übertragung wissenschaftlicher Produkte in die jeweils relevante Zielgruppe unterstützen.
Zielgruppen erreichen – Ergebnisse wirkungsvoller umsetzen
Den Vormittag verbrachten die Workshop-TeilnehmerInnen in einer gemeinsamen Session: Nach einer kurzen Einführung in die Zielsetzung des Workshops durch die Sprecher erörterte Dr. Susanne Schön, Geschäftsführerin der inter 3 GmbH – Institut für Ressourcenmanagement, ein Konzept wie sich Ergebnisse aus Forschungsprojekten wirkungsvoller umsetzen lassen könnten. In ihrem Vortrag diskutierte sie Hemmnisse, die einer raschen Umsetzung von Lösungen in der Praxis häufig im Wege stünden: Neben einem mangelndem Austausch zwischen Forschungsprojekt und der Fachpolitik sieht Schön die ungenaue Einschätzung des Reifegrades der Lösungen am Ende der Projektlaufzeit als Haupthindernisgrund. In der zweiten Hälfte ihres Vortrags stellte die Geschäftsführerin den Solution Readiness Level (SRL) vor, einen Ansatz zur Bewertung des Reifegrades einer Lösung im sozio-technischen und sozial-ökologischen Kontext. Der SRL gibt auf einer Skala von eins bis neun den Reifegrad eines Forschungsergebnisses an. Der Index ist damit ein mögliches Instrument, um die Kommunikation zwischen Forschung und Praxis zu konkretisieren: So ließen sich bei einem bestimmten Reifegrad die nächsten Forschungsschritte unter Beteiligung der Zielgruppe, für die der Reifegrad relevant sein könnte, sehr viel zielgenauer formulieren. Dies erhöhe die Effizienz und Passgenauigkeit der Lösungsfindung, erklärt die Geschäftsführerin weiter. Den Einstiegsvortrag beendete Schön mit der Frage: „Was brauchen die Akteure jeweils voneinander, um einen guten Wissenstransfer in beide Richtungen zu gewährleisten?“.
Kommunikation ist Trumpf
Die Frage war Ausgangspunkt für lebhafte Diskussionen in Form von Kurzinterviews. Dazu setzten sich jeweils ein Praktiker und ein Wissenschaftler paarweise zusammen, mit dem Auftrag anhand von Leitfragen die Bedürfnisse und Anforderungen der Gegenseite besser verstehen zu lernen. Die VertreterInnen aus der wasserwirtschaftlichen Praxis hielten fest, dass der Mehrwert einer Erkenntnis aus einem Forschungsvorhaben klarer definiert und herausgestellt werden müsste. Als Lösung schlugen die PraktikerInnen vor, dass bereits bei der Planung und Entwicklung eines Forschungsprojekts die relevanten Gremien und Personen eingebunden werden müssten. Von der Wissenschaft wurden unter anderem die Aspekte „Wer ist AnsprechpartnerIn: Transparenz von Behörden, Strukturen und Abläufen“ genannt sowie der Wunsch nach einer „Konkretisierung der Wissenslücken von der Praxis und AnwenderInnen“ geäußert.
Kulturelle Barrieren beseitigen – Checklisten für den Wissenstransfer
Die zweite Hälfte des Workshops fand überwiegend in parallel stattfindenden Sessions statt. Dabei hatten die TeilnehmerInnen die Qual der Wahl und mussten sich zwischen drei Themen entscheiden: Bei der ersten Gruppe stand die Frage im Vordergrund, wie aus einem Forschungsergebnis ein nutzerfreundliches Produkt entsteht. Vorträge gab es zu den Produktkategorien Hardware, Software, Daten und Dienstleistungen. Im Rahmen der Session wurden erste Kriterien erarbeitet, die in die geplanten Checklisten eingingen: Am Ende eines Forschungsprojekts sollten beispielsweise die Fragen gestellt werden, ob sich ermittelte und tatsächliche Anforderungen des Kunden decken und ob das Produkt zu Vereinfachungen und Einsparungen bei der Aufgabenerfüllung führt?
Die zweite Gruppe diskutierte, wie sich Forschungsergebnisse in Regeln der Technik umsetzen und in normative Prozesse einbinden lassen. Schnittstellen zwischen Forschung und Anwendung sind Verbände, wie der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), der Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK) sowie die LAWA. Mit der Entwicklung von Regeln zur guten fachlichen Praxis stellen sie etablierte Verfahrensweisen für den Wissenstransfer in Politik und Anwendung bereit. Diese reichen von Verbandszeitschriften über Verbandstagungen bis hin zu Gremien, die, wie z.B. die der LAWA die Umsetzung von wasserbezogenen EU-Richtlinien mit Handlungsanleitungen auch wissenschaftlich begleiten.
Gruppe drei beschäftigte sich mit der Frage, wie Forschungsergebnisse zielgruppengenau kommuniziert werden können. In dieser Session ging es unter anderem darum, wie das richtige Format für die jeweilige Zielgruppe ausgewählt wird und wie außeruniversitäre Akteure am Prozess der Wissensgenerierung beteiligt werden können. Anhand des Beispiels einer App, in der Bürgerinnen und Bürger aktiv werden und z.B. Naturbeobachtungen eintragen können, diskutierten die TeilnehmerInnen geeignete Instrumente zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Im Gespräch wurde deutlich, dass ein Kommunikationskanal zur Etablierung zwar oft Begleitmedien, wie z. B. Bürgerdialoge benötigt, dafür jedoch die Möglichkeit bietet, ausgewählte Zielgruppen, etwa Jugendliche, passgenau anzusprechen. Für die Kommunikation wissenschaftlicher Resultate in die Wasserbehörden wurde die Wichtigkeit einer möglichst frühen und kontinuierlichen Einbindung in den Projektkontext betont. Je größer die Schnittmenge zwischen Forschungsfrage und Wissenslücke in der Praxis, desto eher sei eine Beteiligung der Wissenschaft an Maßnahmen der Gewässerunterhaltung und –entwicklung zu gewährleisten.
Das Resultat dieses Tages besteht aus sogenannten Checklisten für einen guten Wissenstransfer zwischen Wasserforschung und verschiedenen Zielgruppen aus dem Bereich der Wasserpraxis – gemeinsam erarbeitet unter Berücksichtigung beider Perspektiven. Die Checklisten werden einem weiteren Review unterzogen und publik gemacht.
In der Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM) fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 15 Verbundprojekte sowie ein begleitendes Vernetzungs- und Transfervorhaben. Für die Projekte in ReWaM sind eine interdisziplinäre Vorgehensweise sowie ein enges Zusammenwirken von Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis charakteristisch. Um vorhandene Synergien zu nutzen und Potenziale auszuschöpfen, hat der ReWaM-Lenkungskreis unter anderem das Querschnittsthema „Wissenstransfer und Praxistransfer“ definiert.