Auf der Schweizer Seite des Bodensees liegen in knapp fünf Metern Tiefe mehr als 100 Steinhügel. Entdeckt wurden die großvolumigen „Hügeli“ vor etwa drei Jahren in dem von der EU geförderten Forschungsprojekt der IGKB „Tiefenschärfe“. Seitdem rätseln Geologen, Archäologen und Vertreter anderer Wissenschaftsdisziplinen, wer oder was zehntausende Kubikmeter Gestein aufgetürmt hat. Wellen und Strömungen des Bodensees schieden früh als Ursache aus. Aktuelle Untersuchungen bestätigten nun die Vermutung, dass die Hügel höchstwahrscheinlich von Menschen aufgeschüttet wurden.
Unterwasser-Georadar mit neuen Aufgaben
Ende April diesen Jahres leistete die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) mit dem Forschungsschiff „Kormoran“ Unterstützung bei der Untersuchung der „Steinhaufen“ im Kanton Thurgau. Zum Einsatz kam ein im ReWaM-Projekt HyMoBioStrategie entwickeltes Unterwasser-Georadar. Das Messsystem entstand an der TU Darmstadt und wurde gemeinsam mit dem Institut für Seenforschung der LUBW zum Prototypen weiterentwickelt.
Um das Rätsel um die Entstehung der Haufen zu lösen, zog die „Kormoran“ den wasserdichten Messschlitten über den Seegrund. Dabei erfassten hochfrequente elektromagnetische Impulse den Untergrund rund um die Steinhügel. So entstanden umfangreiche Aufnahmen des Seegrunds in der Flachwasserzone. Anhand der Bilder erhielten die Forscher Erkenntnisse über interne Sedimentstrukturen der Flachwasserzone. Es zeigte sich klar, dass die Steine der „Hügeli“ sich deutlich über der eiszeitlichen Moräne befinden. Somit konnten die Hügel nicht durch den Gletscher an ihren heutigen Platz bewegt worden sein. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass es sich bei den Steinen um menschengemachte Strukturen handeln muss. Im kommenden Winter wollen Archäologen einen der Steinhügel ausgraben und genauer untersuchen. Weitere Informationen zu den Forschungsarbeiten rund um die Steinstrukturen im Bodensee sind unter folgendem Link verfügbar.
Neue Werkzeuge für Wissenschaft und Praxis
Das Unterwasser-Georadar ist nur eines von vielen Ergebnissen aus dem ReWaM-Projekt HyMoBioStrategie. Daneben entwickelten die Wissenschaftler unter Anderem neue Techniken zur Messung des partikulären Suspensions- und Sohltransports, des Erosions- bzw. Akkumulationsverhaltens von Decksedimentes (z. B. Geröll- und Kiestracer) sowie akustische Verfahren (z. B. ein besonders hochfrequentes Fächerecholot). Zudem entstand im Verbundprojekt der sogenannte HydroCrawler. Dabei handelt es sich um ein hochgenaues und autonom arbeitendes Messsystem zur hochauflösenden, flächendeckenden Vermessung der Seebodentopographie und Sedimentstratigraphie. Das System eignet sich darüber hinaus zur Inspektion von Dämmen und Spundwänden oder kann bei der Suche nach Vermissten eingesetzt werden.
Übergeordnetes Ziel des Verbundprojekts sind die Untersuchung und Bewertung von anthropogenen, hydromorphologischen Veränderungen in der Uferzone von Seen im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie sowie die Entwicklung uferbezogener Maßnahmenprogramme für eine nachhaltige Ufergestaltung und Renaturierung.
HyMoBioStrategie ist eines von 15 Verbundprojekten in der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM). ReWaM ist Teil des BMBF-Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM) im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3).