„Wasserpraxis zwischen Rahmen und Richtlinien“ – lautete das Motto der Statuskonferenz der im Frühjahr 2015 gestarteten BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM). Nach gut der Hälfte der Laufzeit präsentierten vom 25. bis 26. Januar in Dresden die fünfzehn beteiligten Verbundprojekte die Zwischenergebnisse ihrer Forschungstätigkeit und diskutierten diese mit dem Fachpublikum. Im Mittelpunkt standen passfähige und anwendungsorientierte Wissens-, Informations- und Entscheidungsgrundlagen für ein regionales Wasserressourcen-Management. Neben den Vorträgen aus den Projekten debattierten Forscher und Praktiker in zwei Podiumsdiskussionen über die Umsetzung der Europäischen Rahmenrichtlinien und blickten auf Faktoren für einen gelungenen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis. An der zweitägigen Tagung nahmen mehr als 250 Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis teil. Für die Organisation und Durchführung der Tagung war das Vernetzungs- und Transfervorhaben ReWaMnet von der BfG verantwortlich.
Anmeldung und Begrüßung
Die zweitägige Statuskonferenz fand im International Congress Center in Dresden in unmittelbarer Nachbarschaft zur Elbe statt. In ihrer Begrüßung erinnerte Alexia Krug von Nidda, die als Projektkoordinatorin von ReWaMnet den ersten Veranstaltungstag moderierte, an das Elbe-Hochwasser aus dem Jahr 2002 und betonte den widersprüchlichen Charakter von Fließgewässern, die an einem Tag zum Baden einladen und tags darauf zu gefährlichen Strömen anschwellen können. Im Gegensatz zur ReWaM-Auftaktveranstaltung in Koblenz im Jahr 2015 war die Statuskonferenz öffentlich.
Neben Vertretern aus den ReWaM-Projekten besuchten interessierte Bürger, Studenten und die Wasserexperten die Tagung. Daher gab Dr. Fritz Kohmann, Vorsitzender des ReWaM-Lenkungskreises, zu Beginn des ersten Veranstaltungstages einen Überblick zum Hintergrund und den politischen Rahmen der Fördermaßnahme. Im Anschluss erörterte Dr. André Weidenhaupt, Generaldirektor des Ministeriums für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur in Luxemburg, als Gastredner die Herausforderungen einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Wasser aus internationaler Sicht und betonte, dass die Ziele einer nachhaltigen Wasserpolitik und die Ziele anderer Politikfelder in sich schlüssig gestaltet werden müssten.
Vortragsblock I: Neue Ansätze im Gewässermonitoring
Die 15-ReWaM Verbundprojekte bearbeiten ein breites Themenspektrum mit unterschiedlichen Forschungsansätzen. Projekte mit gemeinsamen Arbeitsfeldern sind daher einem von vier Projektclustern zugeordnet, die den Rahmen der Statuskonferenz bildeten: Im ersten von vier Vortragsblöcken berichteten die Projekte des Clusters Gewässermonitoring über unterschiedliche Ansätze zu bootsgestützten Messsystemen, die der Erfassung physikalischer sowie chemischer Parameter und der räumlichen Strukturen von Oberflächengewässern dienen. Das Projekt BOOT-Monitoring präsentierte ein modulares Messsystem und zeigte am Beispiel eines untersuchten Flussabschnitts Befahrungsstrategien für räumlich hoch aufgelöste Datenerfassung und Messunsicherheiten auf. Durch die Kombination eines schwenkbaren Echologs, kontinuierlicher Lasermessungen sowie zahlreicher Sonden, erlaubt es der Ansatz der Forscher während der längsbefahrung eines Flusses unter anderem georeferenzierte Informationen zum Gewässerquerschnitt, der Leitfähigkeit, der Gewässertiefe sowie der Nitrat-Konzentration zu erheben. Das Projektkonsortium in RiverView arbeitet an einem Trägerboot, das in der Lage ist, kleine und mittlere Flussläufe zu befahren. Die Visualisierung der aufgenommenen Daten ließ ungeahnte Möglichkeiten einer automatisierte Erfassung von Gewässerstrukturen erkennen. Das Projekt HyMoBioStrategie arbeitet ebenfalls an einem Messfahrzeug, dem sogenannten „Hydrocrawler“. Unterschiedliche Sensoren ermöglichen es, die Sedimentoberfläche von Seen abzutasten. Eines der Ziele des Projekts ist es, die Auswirkungen hydromorphologischer Veränderungen in der Flachwasserzone von Seen auf Vegetation, den Feststoffhaushalt sowie bodenlebende Tiere zu erfassen. Eine zentrale Erkenntnis in der ersten Projekthälfte ist, dass der Wind einen entscheidende Rolle für die Sedementbewegungen im Wasser spielt.
ReWaM-Fachaustellung
Bevor es in die Mittagspause ging, stellte je ein Vertreter der 15 ReWaM-Verbundprojekte nach dem “Marktschreier-Prinzip” seinen Stand vor: Jedes Projekt hatte 30 Sekunden Zeit das Publikum über Inhalt und Angebot des jeweiligen Ausstellungsstandes zu informieren. Die Projekte nutzten die Möglichkeit, um an ihren Ständen Ergebnisse zu präsentieren, die in den Vorträgen nur gestreift werden konnten. Darüber hinaus waren die Stände Ausgangspunkt für spannende Diskussionen und Vernetzungstätigkeiten.
Vortragsblock II: Ökosystemleistungen in der Wasserbewirtschaftung
Nach der Mittagspause stellten die Projekte GroundCare und RESI neue gewässerökologische Bewertungsverfahren vor. Beide Projektkonsortien arbeiten daran, die Leistungen der Gewässer-Ökosysteme zu beschreiben und Bewertungsverfahren dafür zu formulieren. Das Projekt RESI hat dabei insbesondere die Fluss- und Auenbewirtschaftung im Blick und arbeitet an einem sogenannten „River Ecosystem Service Index“ (RESI). Auf der Statuskonferenz in Dresden wurden verschiedene Quantifizierungsmethoden für einzelne Ökosystemleistungen sowie erste Ergebnisse aus ausgewählten Modellregionen vorgestellt. Weiter präsentierte das Projekt eine Klassifikation, die 27 relevante Ökosystemleistungen in Flüssen und Auen beschreibt. Anders als in RESI, untersuchen die Partner des Projekts GroundCare Ökosystemleistungen, die von Grundwasserleitern bereitgestellt werden. Neben neu entwickelten, druckhaltenden Probenahmesystemen, wurden unter anderem Aufbau und Messprinzip für ein online Biomonitoring mit Kleinstlebewesen vorgeführt, die im Grundwasser leben.
Die Kompetenzen der Forschungsprojekte werden in drei projektübegreifenden Querschnittsthemen gebündelt. Die Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den Themen Wissenstransfer und Praxistransfer, Probenahmestrategien und Methoden sowie Ökosystemleistungen im Gewässermanagement. Über die Resultate aus dieser Zusammenarbeit berichtete Dr. Sebatian Kofalk, Leiter des Vernetzungs- und Transfervorhabens ReWaMnet, im Anschluss an den Vortrag des Projekts RESI. Als Zwischenfazit hielt Kofalk fest, dass die Querschnittsthemen projektübergreifend getragen werden, die Projekte einen Mehrwert in den Arbeitsgruppen sehen und über ReWaM hinausgehende Ergebnisse absehbar sind.
Vortragsblock III: Management der Wasserqualität
Im dritten Vortragsblock berichteten fünf Verbünde über Ihre Forschungstätigkeit im Bereich des Wasserqualitätsmanagements. Die Verbünde dieses Blocks eint, dass sie neuartige Gewässerverunreinigungen untersuchen und Methoden zur deren Gefährdungsabschätzung entwickeln. Im Fokus des Projekts CYAQUATA stehen die Wechselbeziehungen toxin bildender Cyanobakterien in Talsperren vor dem Hintergrund sich verändernder Umweltbedingungen. Der Verbund zeigte erste Ergebnisse aus durchgeführten Enclosure-Versuchen und präsentierte eine entwickelte Teststrategie für die toxikologische Bewertung von Cyanobakterien. Forschung für saubere Badegewässer lautet das Motto des Verbundprojekts FLUSSHYGIENE. Die erste Projektphase diente dazu, Einträge hygienischer Belastungen in Flüsse zu erfassen, Abbauprozesse zu identifizieren sowie Hürden zu bestimmen, die sich aus den Nutzungsansprüchen unterschiedlicher Akteure ableiten. Hauptziel von FLUSSHYGIENE ist die Entwicklung von Prognose-Instrumenten, die es den zuständigen Behörden ermöglichen multifunktional genutzte Fließgewässer mit größtmöglichem Gesundheitsschutz zu bewirtschaften.
Im darauffolgenden Vortrag berichtete MUTReWa über durchgeführte Abbauversuche mit ausgewählten Bioziden und Pflanzenschutzmitteln. Untersucht wurde die Abbaubarkeit durch Sonnenlicht sowie Mikroorganismen. Erste Ergebnisse zeigten, wie exemplarisch untersuchte Substanzen zu sogenannten Transformationsprodukten (TP) umgebaut werden, die nicht vollständig abgebaut werden. Schwerpunkt des Projekts ist die Bestimmung der aktuellen Belastung und Gefährdung durch ausgewählte Pestizide und deren TP. Von der Quelle bis ins Meer – Als nächstes Projekt auf der Agenda stellte PhosWaM einen Ansatz für ein integriertes Phosphor- und Wasserressourcen-Management vor. Dabei soll ein P-Austrags-Index helfen, die Austräge besser zu beeinflussen und als eine innovative Maßnahme wird auch über Verfahren zur Rückgewinnung vonPhosphorverbindungen nachgedacht, um die Einträge in die Gewässern zu mindern. Im letzten Vortrag des ersten Veranstaltungstages berichtete am späten Nachmittag das Projektkonsortium von SEEZEICHEN über neue Tracer-Methoden zur Identifizierung von Grundwasser- und Zuflusseinschichtungen in Seen, die es erlauben Eintragsquellen, Transport- und Mischungsprozesse unerwünschter Stoffe in großen Seen zu erfassen.
Vortragsblock IV: Gewässerentwicklung und Wasserbewirtschaftung
Am zweiten Veranstaltungstag präsentierten die übrigen fünf Forschungsprojekte neuartige Entwicklungs- und Handlungsstrategien für ein regionales Wasserressourcen-Management. Als erstes Projekt stellte In_StröHmunG ein „ökologisches Hochwasserrisikomanagement“ vor, das Ziele des Naturschutzes und den Umgang mit Hochwasserrisiken in Einklang zu bringen versucht. Um die Erkenntnisse des Projekts in die Praxis zu überführen, ist ein wesentliches Produkt die Entwicklung der Software-Lösung PROGEMIS, welche Planungs- und Umsetzungsprozesse im Gewässer anschaulich abbildet und Anleitungen zur Maßnamenrealisierung bereitstellt. Im nächsten Vortrag ging es bei dem Projekt KOGGE um die integrale Bewertung kleiner, nicht berichtspflichtiger Fließ- und Standgewässer. Für die Stadt Rostock bauen die Forscher ein Gewässer- und Feuchtgebietskataster auf sowie einen mehrskaligen Modellansatz, der eine exakte Abbildung der tatsächlichen Flächencharakteristik sowie Aussagen zu Fließwegen, Wassertiefen und Geschwindigkeiten zulässt.
Das Projekt NiddaMan hat sich d die Entwicklung eines nachhaltigen Wasserressourcen-Management am Beispiel des Einzugsgebiets der Nidda vorgenommen. In der ersten Projektphase wurden unter anderem mehrere Kläranlagen im Einzugsgebiet der Nidda untersucht: Die Forscher konnten anhand spezifischer lokaler Einträge nachweisen, dass der Kläranlagen-Ablauf das Artenspektrum im Unterlauf direkt beeinflusst und die Selbstreinigungskraft des Gewässers herabsetzt. Im Anschluss stellte das Projekt StucK seine Forschungstätigkeit vor. Ziel des Verbundprojekts ist es, am Beispiel der Hansestadt Hamburg einen übertragbare Methoden für die Gewässerbewirtschaftung küstennaher Städte zu entwickeln. Im Mittelpunkt stehen zunächst zeitlich und räumlich optimierte Niederschlagsvorhersagen für eine verbesserte Steuerung von Entwässerungssystemen. Beim letzten Vortrag der zweitägigen Konferenz berichtete das Projekt WaSiG über den Wasserhaushalt siedlungsgeprägter Gewässer am Beispiel der Städte Freiburg, Münster und Hannover. Im Vordergrund standen die Wasserbilanz von Gründächern mit unterschiedlichen Substrattypen.
Erste Ergebnisse und weiterführende Informationen zur BMBF Fördermaßnahme ReWaM sind in der Zwischenbroschüre unter folgendem Link abrufbar.
Die Fördermaßnahme ReWaM
Wachsende Städte, Landnutzungsänderungen und der Klimawandel: Die Herausforderungen, vor denen die wasserwirtschaftliche Praxis steht, sind vielfältig. Um neue Konzepte für den Erhalt, die Nutzung und die Bewirtschaftung des Grund- und Oberflächenwassers zu erforschen und im Betriebsalltag verfügbar zu machen, finanziert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2015 mit einer Laufzeit von jeweils drei Jahren 15 Verbundprojekte sowie ein begleitendes Vernetzungs- und Transfervorhaben. ReWaM ist Teil des BMBF-Förderschwerpunktes NaWaM im Rahmenprogramm FONA3.
Fotos: Tobias Sauer, ProBild Fotografie