Am 22. September luden Biologen der Goethe-Universität Frankfurt gemeinsam mit dem Angelsportverein Bad Vilbel dazu ein im Nidda-Einzugsgebiet die Vielfalt wasserlebender Organismen in ihrem natürlichen Lebensraum zu entdecken. Im Mündungsbereich des Erlenbach in Bad Vilbel hatten Passanten, Schüler und Interessierte die Gelegenheit hinter die Kulissen des ReWaM-Projekts NiddaMan zu blicken und viele Methoden der Forscher selbst einmal auszuprobieren. Unterstützt wurde die Veranstaltung vom Regierungspräsidium Darmstadt, das mit zwei Messfahrzeugen technische Möglichkeiten zur Bestimmung der Gewässerqualität demonstrierte. Darüber hinaus stellten Wissenschaftler des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) eine Plattform vor, auf der Bürger naturkundliche Beobachtungen an und rund um die Nidda eintragen können. Die Aktion NiddaLife war eine von 549 Aktionen, die im Rahmen des 4. Hessischen Tags der Nachhaltigkeit über das gesamte Bundesland verteilt stattfanden.
Patient Nidda
„Sie sieht heute völlig anders aus, als zur Zeit unserer Urgroßeltern“, erklärt Prof. Jörg Oehlmann den neugierigen Zuhörern. Um Oehlmann, den Leiter des ReWaM-Projekts NiddaMan, haben sich ca. 20 angehende Assistenten für Umweltschutztechnik der Berufs- und Technikerschule Butzbach sowie etwa 25 Schüler der Klasse 9a des Georg-Büchner-Gymnasiums aus Bad Vilbel versammelt. Gemeinsam mit ihren Lehrkräften erkunden die Jugendlichen im Laufe des Vormittages die fünf Stationen, die Oehlmann gemeinsam mit seinem Team rund um die Schutzhütte am Niddaradweg am Erlenbach in Bad Vilbel vorbereitet haben. Zuvor erläuterte Oehlmann, der an der Goethe-Universität in Frankfurt die Abteilung Aquatische Toxikologie leitet, den Teilnehmern jedoch Hintergrund und Ziele von NiddaMan. Der Mensch nutze Fließgewässer wie die Nidda in vielfältiger Weise, so Oehlmann. „Die unterschiedlichen Nutzungsansprüche haben an der Nidda tiefe Wunden hinterlassen“, erklärt der Wissenschaftler seinen Zuhörern weiter. In den vergangenen Jahren hätten Politik und Gesellschaft bereits viel unternommen, um den Fluss wieder in seinen natürlichen Zustand zurückzuführen. Jedoch führe nicht jede Maßnahme automatisch zu einer Verbesserung. Eines der Ziele des Projekts sei es daher, zu untersuchen, welche Faktoren beispielsweise die Wiederansiedlung seltener Organismen begünstigen. Die langfristige Vision der Wissenschaftler sei es, die Nidda wieder in einen sehr guten ökologischen und chemischen Zustand zurückführen, schließt Oehlmann seine kurze Einführung.
Blaues Klassenzimmer
Das Motto des diesjährigen Nachhaltigkeitstags lautete „Beobachten – Erleben – Schützen: Hessen aktiv für biologische Vielfalt“. Diesen Gedanken griffen die fünf Stationen der Aktion NiddaLife auf: Bei Kristina Lust, sie fertigt derzeit ihre Masterarbeit in der Arbeitgruppe von Oehlman an, erfuhren Schüler und Passanten wie Wasserproben entnommen und im Anschluss Parameter wie der pH-Wert, die Leitfähigkeit oder der Sauerstoffgehalt ermittelt werden können und was diese über ein Gewässer aussagen. An der nächsten Station stehen bei Matthias Oetken, Wissenschaftler in der Abteilung für Aquatische Toxikologie, die am Gewässerboden lebenden Organismen im Mittelpunkt. Mit Hilfe von Binokularen haben die Teilnehmer die Gelegenheit, eigenhändig gefangene Kleinstlebewesen wie beispielsweise Libellenlarven, Flohkrebse oder Egel unter die Lupe zu nehmen. Daneben präsentieren die Wissenschaftler des ISOE unter einem Pavillon eine von ihnen entwickelte interaktive Wissenslandkarte. NiddaLand ist eine Plattform, auf der Bürger Beobachtungen und wissenswerte Informationen über die Nidda eintragen können. Das können Tierbeobachtungen sein, aber auch wo sich ein Halt mit besonders guter Aussicht lohnt.
Aus der Forschung in die Praxis
Eine Besonderheit von NiddaMan ist die Zusammenarbeit von Wissenschaft, wasserwirtschaftlicher Praxis und lokalen Akteuren. Der Angelsportverein Bad Vilbel (ASV) engagiert sich seit Jahren für Natur- und Umweltschutz an der Nidda und unterstützt die Forscher des Projekts NiddaMan mit umfangreichen Kenntnissen über das Gewässer. Marco Weller, zweiter Vorsitzender des ASV, demonstrierte am Aktionstag das Fliegenfischen, eine besonders schonende Variante des Angelns. Darüber hinaus berichtete er über die Fischarten, die in der Nidda heimisch sind oder es einst waren. Hier hatte er auch eine Erfolgsgeschichte zu vermelden: Beobachtungen in jüngster Zeit gäben Anlass zur Hoffnung, dass die Meerforelle in die Nidda zurückkehr sei, erklärt Weller. An der letzten Station demonstrierte Harald Lütkenhaus-Kopp und sein Kollege Klaus Sommer vom Regierungspräsidium Darmstadt Messgeräte zur Ermittlung hydrologischer Kenngrößen. Im Gepäck der zwei Laborbusse hatten die beiden unter anderem eine Propellerschraube, die zur Messung des Abflusses eingesetzt wird. Ein Highlight war außerdem ein Messkatamaran, mit dem entlang eines Gewässers der Abfluss und Strömungsgeschwindigkeit vermessen werden kann.
Die Schüler der Berufs- und Technikerschule Butzbach und des Georg-Büchner-Gymnasiums zeigten reges Interesse im „blauen Klassenzimmer“. Im Laufe des Tages nutzen zahlreiche Gassigeher, Spaziergänger und Radfahrer das Angebot des NiddaMan-Teams.
Weiterführende Informationen zum Projekt:
NiddaMan ist eines von 15 Verbundprojekten in der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM). ReWaM ist Teil des BMBF-Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM) im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3).