Am Mittwoch, den 24. Mai 2017, strampelten 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Forschern des ReWaM-Projekts NiddaMan vom Frankfurter Stadtteil Bonames nach Bad Vilbel-Gronau. Auf der knapp 15 Kilometer langen Fahrradtour erläutern die Wissenschaftler an verschiedenen Haltepunkten, wie sich das Bild der Nidda in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat und was aus ökologischer Sicht noch zu tun sei. Denn noch entspricht die Gewässerqualität der Nidda nicht dem guten bis sehr guten ökologischen Zustand, wie ihn die EU-Wasserrahmenrichtlinie fordert. Ziel der Exkursion entlang der Nidda war es, den Wissensaustausch zwischen den Anwohnern und den Wissenschaftlern zu fördern. Zudem bot die Radtour den Teilnehmenden eine gute Gelegenheit, die im Forschungsprojekt entstandene App NiddaLand auszuprobieren, die es Nutzern ermöglicht Beobachtungen am Gewässer in eine interaktive Wissenslandkarte einzutragen. Die Veranstaltung fand im Rahmen der regionalen Aktions- und Erlebniswoche „Biologische Vielfalt erleben!“ statt. Organisiert wurde die Fahrradexkursion vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung gemeinsam mit der Abteilung für Ökotoxikologie der Universität Frankfurt und dem Büro für Gewässerökologie in Bad Vilbel.
Exkursion im Forschungsprojekt NiddaMan
Die Radtour startete um 14:30 Uhr mit ersten dunklen Wolken am Horizont. Der Tross machte an verschiedenen von den Wissenschaftlern vorab ausgewählten Standorten Halt. Hier war Zeit für lebhafte Diskussionen und Fragen an die Forscher. Die Wissenschaftler erklärten, dass die Nidda auf den ersten Blick, wie viele Bäche und Flüsse in Deutschland, sauber und idyllisch aussieht. Der Eindruck täusche jedoch: Im Zuge umfassender Regulierungsmaßnahmen in den 1920er und 1960er Jahren wurde die Nidda von ihren Auen und Nebenarmen abgetrennt und fast durchgängig in ein geradliniges Kanalbett ohne Böschungsbepflanzung mit mehreren Wehren überführt. Die Regulierung hatte vor allem das Ziel, den Fluss hochwasserfrei auszubauen. Dies führte zu negativen Auswirkungen auf das Ökosystem. Hinzu kamen Verschmutzungen aus Industrie, Landwirtschaft oder Haushalten. Die Folgen waren unter anderem ein Verlust an Artenvielfalt und eine schlechte Wasserqualität.
Die Teilnehmer der Nidda-Tour interessierten sich unter anderem für das Thema Abwasseraufbereitung. Insbesondere die Kosten der technischen Reinigung von Trinkwasser und Abwasser wurden angesprochen und technische Aufrüstungen (4. Reinigungsstufe an Kläranalagen) am Beispiel von Medikamentenrückständen debattiert. Ein weiteres Thema, dass die beteiligten BürgerInnen beschäftige, waren Ablauf und Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen an dem rund hundert Kilometer langen Fluss sowie deren Auswirkungen auf den lokalen Hochwasserschutz. Die Wissenschaftler betonten, dass bei Maßnahmen an Gewässern die Verbesserung des ökologischen Zustands und der Erhalt des Hochwasserschutzes stets zusammen gedacht und nicht ein Aspekt zu Gunsten des Anderen vernachlässigt würde. Dies sei aber nur einer von vielen, zum Teil nur schwer miteinander in Einklang zu bringenden Nutzungsansprüchen an Fließgewässern. In der Nidda treten vor allem im Mittel- und im Unterlauf Konflikte zwischen Ökologie und gesellschaftlicher Nutzung des Flusses auf. An diesem Punkt setzte das interdisziplinäre Verbundprojekt NiddaMan an: Am Beispiel der Nidda wollen die Forscher herausfinden, weshalb hier der „gute“ ökologische Zustand verfehlt wurde und wie die Funktion des Ökosystems verbessert werden kann. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines sektorübergreifenden webbasierten Informations- und Managementsystems (NiddaPro). Damit können zuständige Behörden und Einrichtungen vorab die Auswirkungen geplanter Maßnahmen an der Nidda auf die Umwelt simulieren und das Kosten-Nutzen-Verhältnis abschätzen.
Gegen 17:30 Uhr erreichten die Gruppe den Zielort Bad Vilbel. In einer Abschlussrunde hoben Forscher und Bürger hervor, dass die zukünftige Bewirtschaftung und Nutzung der Nidda nur im Dialog stattfinden könnten und alle Akteure offen für Kompromisse sein müssten. Nur so könne das gemeinsame Ziel erreicht werden, der Nidda wieder mehr Raum zur eigenständigen gesunden Entwicklung zu geben.