„Wiederbesiedlung und Akzeptanz brauchen Raum und Zeit“

Zweiter Bürgerinformationsabend des ReWaM-Verbundprojekts NiddaMan

„Maßnahmen an Gewässern – Motivation und Hemmnisse“ lautete das Thema des zweiten Abends der Bürgerinformationsreihe NiddaTalk, zu der das ReWaM-Verbundprojekt NiddaMan am 5. April interessierte Bürgerinnen und Bürger in das Theater Altes Hallenbad in Friedberg eingeladen hatte. Mehr als 50 Personen nutzen die Gelegenheit, um mit Experten aus Wasserwirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft ins Gespräch zu kommen. Den Informationsabend organisierten die Goethe-Universität Frankfurt, die BGS Wasserwirtschaft GmbH, das Regierungspräsidium Darmstadt, das Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt sowie der Wetteraukreis gemeinsam. Nach einer Einführung zu Hintergrund und Zielen des Verbundprojekts NiddaMan, folgten vier Impulsvorträge. Diese bildeten die Grundlage für Diskussionen zwischen dem Publikum und den Vortragenden. Die Bürger interessierte sich beim zweiten NiddaTalk besonders dafür, welche Maßnahmen am Gewässer ökologisch und ökonomisch vertretbar sind, wie sich diese realisieren lassen und welche Herausforderungen in der Praxis bestehen.

Wissenschaft im Dialog

Diskussionsrunde beim zweiten NiddaTalk. Foto: Simone Ziebart, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Foto: Simone Ziebart, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Die Moderation des Abends teilten sich Dr. Ulrike Schulte-Oehlmann von der Goethe-Universität in Frankfurt und Dipl.-Ing. Evelyn Müller vom Regierungspräsidium Darmstadt. Beide freuten sich über das große Interesse an NiddaMan und die guten und konstruktiven Diskussionen. Viele Bürger nutzten die Möglichkeit, sich konkret über den Stand der Maßnahmen im Wetteraukreis zu erkundigen und brachten dabei auch eigene Vorschläge für weitere Maßnahmen ein. Die Nidda ist den Menschen ein besonderes Anliegen: Zahlreiche Besucher berichteten aus Ihrer Kindheit und Jugend, wie sie mit der Nidda aufgewachsen sind, wie schön der Fluss früher einmal gewesen sei und wie sie sich im Laufe des eigenen Lebens verändert hätte. Welche wichtige Rolle die Bevölkerung bei Forschungsprojekten spielt, zeigt das Engagement der Angelsportvereine in der Region: Angler aus Nidda, Dauernheim und Nieder-Wöllstadt unterstützten die Wissenschaftler bei einem aktiven Monitoring und der Versorgung eingesetzter Regenbogenforellen in der Nidda. Die vielen Redebeiträge und das große Interesse verdeutlichen die Verbundenheit der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Gewässer, erklärte Schulte-Oehlmann.

Wiederbesiedlung und Akzeptanz brauchen Raum und Zeit

Auch der zweite Bürgerinformationsabend war gut besucht. Foto: Simone Ziebart, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Foto: Simone Ziebart, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Dipl.-Ing. Harald Lütkenhaus-Kopp vom Regierungspräsidium Darmstadt beleuchtete in seinem Impulsvortrag Hemmnisse bei der Umsetzung von Maßnahmen durch die Wasserbehörden. Herausforderungen an Gewässern seien sehr komplex und viele wissenschaftliche Disziplinen daher gefordert sich an der Problemlösung zu beteiligen. Scheuklappen müssten abgebaut und Struktur- und Stoffbelastungen bei Fließgewässern gemeinsam betrachtet werden. Weiter forderte Lütkenhaus-Kopp einen Mentalitätswandel bei Verwaltung und Praxis: Schnelle Resultate seien eine Ausnahme. Die Wiederbesiedelung der Nidda und die Akzeptanz der Bevölkerung für Maßnahmen am Gewässer benötigten vor allem eines – viel Raum und Zeit.

Den zweiten Vortrag des Abends hielt Dipl.-Ing. Ralf Eichelmann, der sich für die Untere Naturschutzbehörde des Wetteraukreises in NiddaMan engagiert. Im Zentrum der Präsentation standen die Anforderungen des Naturschutzes an eine naturnahe Entwicklung von Gewässern. Dabei betonte Eichelmann, dass die Renaturierung von Fließgewässern eine einmalige Gelegenheit sei auch die Ziele des Arten- und Biotopschutzes voranzutreiben und zu verwirklichen. Maßnahmen an Gewässern böten außerdem eine Chance die Bevölkerung mitzunehmen und die Natur wieder erlebbar zu machen. Dafür müssten innovative Konzepte zur Besucherlenkung und ansprechende Informationstafeln entwickelt und umgesetzt werden.

Ökonomie und Ökologie können sich ergänzen

Als nächster Redner kam Dr. Stefan Wallisch von der BGS Wasserwirtschaft GmbH auf die Bühne. In seinem Vortrag plädierte er für die Vereinbarkeit von Hochwasserschutz und Renaturierung und betonte, dass sich beide Ziele nicht entgegenstünden, sondern oftmals gemeinsam umsetzen ließen. So könnten sich im Idealfall Ökonomie und Ökologie sogar wirksam ergänzen. Voraussetzung dafür seien jedoch effiziente Methoden, die vorab Erkenntnisse zur Planung von Maßnahmen sowie zu Art und Umfang ihrer Auswirkungen lieferten.

Renaturierungsmaßnahmen im wissenschaftlichen Kontext beleuchtete Dr. Andrea Sundermann vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt als letzter Redner des Abends. Gewässer seien unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt mit meist negativen Auswirkungen auf den gewässerökologischen Zustand. Die Renaturierungen von Fließgewässern führten zu einer Aufwertung der Gewässer, was von der Gesellschaft in aller Regel positiv wahrgenommen würde. Weiter hätten solche Maßnahmen positive Effekte auf die Auenvegetation sowie darin lebende Laufkäferarten. Das Problem sei jedoch, dass Lebensgemeinschaften im Gewässer nicht zwangsläufig von Maßnahmen profitierten. Dies habe laut Sundermann seine Ursache in einer oftmals unzureichenden Wasserqualität und fehlendem Wiederbesiedlungspotenzial. Gewässer erfolgreich zu renaturieren sei daher kein einfacher Job, sondern erfordere große Anstrengungen von Wissenschaft und der wasserwirtschaftlichen Praxis.

Der nächste NiddaTalk findet voraussichtlich im November 2016 statt. Beim dritten Bürgerinformationsabend soll das Thema Gewässerverschmutzung durch Chemikalien diskutiert werden. Die Informationsreihe ist Teil des ReWaM-Verbundprojekts NiddaMan. Die BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland (ReWaM)“ ist im Förderschwerpunkt „Nachhaltiges Wassermanagement (NaWaM)“ angesiedelt.