Erneut sind Starkregen niedergegangen und haben erhebliche Schäden in weiten Teilen von Nord- und Mitteldeutschland angerichtet. Besonders Niedersachsen hat es getroffen. Nicht nur die Kommunen sind betroffen, wenn auf öffentlichen Flächen, wie Marktplätzen, Straßen, Tunneln und Schienenwegen das Wasser nicht abfließt und unter Umständen Schäden an öffentlichen Gebäuden verursachen.
Neben den Beeinträchtigungen z.B. im Verkehr, sind viele Bürger und Bürgerinnen durch starke Regenfälle betroffen, wenn in deren Keller oder Wohngebäude Wasser eindringt. Das Gleiche gilt für Geschäftsleute, deren Betriebsgebäude durch außergewöhnliche Regenfälle Schaden durch Wassereinbruch nehmen. In der Regel sind diese Ereignisse nicht besonders gut vorhersagbar, wie die Meldungen über solche Ereignisse in den letzten Jahren immer wieder gezeigt haben. Deswegen sind Vorsorgemaßnahmen zum Schutz sinnvoll.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Uhl vom Institut für Infrastruktur, Wasser, Ressourcen und Umwelt (IWARU) beschäftigt sich schon lange mit den Auswirkungen von Starkregen und wie ihre Auswirkungen am besten abgemildert werden können. Das IWARU arbeitet in dem Verbundprojekt WaSiG gemeinsam mit Kommunen, Ingenieurbüros und Hydrologen und Humangeografen der Albert-Ludwig-Universität Freiburg an der Entwicklung anwendungsorientierter Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung. Dabei konzentrieren sich die Partner auf die effiziente Regenwasserversickerung und -verdunstung durch z.B. Gründächer oder teildurchlässige Flächenbeläge.
Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung
Wichtige Modellregionen für diese Untersuchungen und die Erprobung von Maßnahmen sind ausgewählte Quartiere in Münster, Freiburg und Hannover. Vom Juli-Starkregen bzw. Juli Dauerregen war Münster nur marginal betroffen. Das Gleiche gilt für Freiburg. In Hannover allerdings bescherte der Dauerregen der Leine – ein Nebenfluss der Aller – rekordverdächtige Pegelstände. Die Schäden waren erheblich: vollgelaufenen Keller, Schließung der Herrenhauser Gärten, Sperrung von Radwegen und das Kanalsystem ist an der Grenze seiner Kapazität. Im Wohngebiet am Kronsberg in Hannover allerdings, in dem schon zur Jahrtausendwende Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung umgesetzt wurden, gibt es keine nennenswerten Folgen durch den Starkregen. Die für die Versickerung extra angelegten Mulden links und rechts der Straßen, sowie Versickerungsstrecken auf den Grundstücken selbst, sorgten für eine langsame aber stetige Versickerung des Regenwassers in den Untergrund.
Der Ansatz der Forscher setzt zur Vermeidung von Hochwasserschäden darauf, Regenwasser vor Ort zu versickern, verdunsten oder verzögert abfließen zu lassen. Konzept solcher Anlagen ist die Anpassung des Wasserhaushalts des städtischen besiedelten Bereichs an den naturnahen Wasserhaushalt einer unbebauten Fläche. Dieses Konzept wird weiterentwickelt, um es auch auf andere Kommunen übertragbar zu machen.Schwer umsetzbar scheint das auf den ersten Blick, denn der Anteil versiegelter Fläche, deren Regenwasser nicht unmittelbar versickern kann, ist hoch. Sicher ist das Ziel auch nicht vollständig zu erreichen. Dennoch gibt es Maßnahmen, die dazu beitragen das Rückhaltevermögen (Retention) von Niederschlagswasser auch im urbanen Bereich zu erhöhen.
Eine breite Palette von einzelnen Maßnahmen kann in der Summe Einiges bewegen: Gründächer halten den Abfluss von Regenwasser zurück und leiten diesen verzögert und kontrolliert ab. Die Abflussspitzen bei einem Starkregenereignis werden dadurch deutlich gemindert. Durchlässige Pflasterungen erhöhen die Versickerung in den Untergrund. Mulden oder Mulden/Rigolen-Systemen ermöglichen neben einer erhöhten Versickerung auch die Speicherung von Regenwasser, welches kontrolliert dem Grundwasser oder dem Entwässerungssystem zugeführt wird oder nach dem Regenereignis wieder verdunsten kann. Durch den Rückhalt von Regenwasser steht mehr Wasser zur Verdunstung bereit und die lokale Wasserbilanz schließt sich wieder
Anlagen zur Regenwasserbewirtschaftung können auf dafür vorgesehenen Grünflächen im öffentlichen Raum oder auf dem privaten Grundstück gebaut werden. Es sind Instrumente, die nicht nur die Folgen von Starkregenereignissen abmildern können, sondern auch positive Auswirkungen auf das Stadtklima und auf die Biodiversität in der Stadt haben.
Die Entwicklung von Modellen, mit Hilfe derer der Wasserhaushalt im städtischen Bereich simuliert werden kann, stehen im Vordergrund der Forschungen. So kann vorhergesagt werden, wie die vorgesehenen Maßnahmen sich im individuellen Fall auswirken. Für Planungen, von z.B. Neubaugebieten, können Kommunen dann passende Maßnahmen schon in der Planungsphase miteinbeziehen. Aber auch Hauseigentümer können einige der Maßnahmen mit geringem Aufwand nachrüsten. Die Ergebnisse, die im Rahmen des Verbundprojekts entstehen, sind über die WaSiG-Homepage frei abrufbar.
Autorin: Dr. Hedwig Roderfeld, FH Münster
WaSiG ist eines von 15 Verbundprojekten in der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM). ReWaM ist Teil des BMBF-Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM) im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3).