In der Serie „RedeFluss“ veröffentlicht ReWaMnet Kurzinterviews mit Beteiligten der BMBF-Fördermaßnahme ReWaM und fragt nach Motivation und Erwartungen. Zu Wort kommen Wissenschaftler, Praktiker und Unternehmer, die in ReWaM eng zusammenarbeiten.
In der zweiten Runde der Interviewserie RedeFluss gehen die Fragen an den Projektkoordinator des ReWaM-Verbundprojekts MUTReWa. Oliver Olsson arbeitet am Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie an der Leuphana Universität Lüneburg, geleitet von Prof. Dr. Klaus Kümmerer. Davor hat Olsson bereits als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität in Hannover geforscht.
ReWaMnet: Der Frühling steht vor der Tür – Besitzen Sie einen grünen Daumen und verwenden Sie in Ihrem Garten eigentlich selbst Pflanzenschutzmittel?
Olsson: Den grünen Daumen in meiner Familie haben meine Frau und meine beiden Kinder. Ich führe nur Arbeitsaufträge im eigenen Garten aus. Wir verwenden keine chemischen Pflanzenschutzmittel und achten sehr darauf, dass wir im Garten und Haushalt weder Biozide noch Pestizide oder andere umweltgefährdende Wirkstoffe einsetzen.
ReWaMnet: Was motiviert Sie, sich beruflich mit dem Verhalten von Pestiziden zu beschäftigen?
Olsson: Die intensive und großflächige Verwendung von Pestiziden, mit unterschiedlichsten chemischen Strukturen und Anwendungszielen, in der Landwirtschaft und auch im urbanen Bereich, stellt eine wichtige Quelle diffuser Umweltschadstoffe dar. Als ich begann, mich vertieft mit dem Verhalten von Pestiziden zu befassen, wurde ich von vielen Akteuren belächelt, da nach deren Auffassung Pestizide in der Umwelt ein veraltetes Forschungsthema seien.
Dennoch war und bin ich davon überzeugt, dass das Umweltverhalten vieler eingesetzter Pestizide und Biozide und insbesondere ihrer Produkte des unvollständigen Abbaus (Anm. Red.: Metabolite und Transformationsprodukte) und deren Verbleib in der Umwelt immer noch weitestgehend unbekannt sind und dringend erforscht werden müssen. Hierbei ist es für mich aus wissenschaftlicher Sicht besonders interessant die relevanten Transformations- und Transportprozesse auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen zu untersuchen, um neues Wissen für eine nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser bereitzustellen.
Was begeistert Sie an ReWaM, dass Sie beschlossen haben, sich mit MUTReWa an der Fördermaßnahme zu beteiligen?
Olsson: Die Ausrichtung der Fördermaßnahme ReWaM ist deckungsgleich mit den Inhalten meiner wissenschaftlichen Vorarbeiten und passt perfekt zu meinen in den vergangenen fünf Jahren weiterentwickelten Forschungskooperationen in diesem Themengebiet. Man könnte sagen, dass ich sukzessive auf die Ausschreibung der Fördermaßnahme ReWaM hin gearbeitet habe. Daher bin ich sehr froh darüber, die Möglichkeit bekommen zu haben, im Rahmen unseres Verbundprojekts MUTReWa alle Akteure der regionalen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft zu vereinen. Unser gemeinsames Zielt ist es, geeignete Maßnahmen zur Minimierung des Eintrags von Pestiziden, Bioziden und insbesondere ihrer Transformationsprodukte zu identifizieren und in das regionale Wassermanagement zu implementieren.
ReWaMnet: Alle Vöglein sind schon da – Was muss Ihrer Meinung nach konkret geschehen, damit wir auch in Zukunft keinen stillen Frühling erleben?
Olsson: Es muss die Kontaminierung von Wasser und Böden mit Pestiziden und Arzneimitteln reduziert werden. Nur so kann der Anreicherung von Giftstoffen in aquatischen Systemen und in Lebewesen entgegengewirkt werden. Beim Abbau solcher Stoffe entstehen vielfältige Zwischenprodukte, die in ihrer Wirkung teilweise kritischer für die Umwelt als das Ursprungsprodukt sein können. Daher ist die Identifikation von kritischen Beitragsflächen und Emissionsquellen, vor allem von Transformationsprodukten, von großer Bedeutung. Darauf aufbauend müssen dann Maßnahmen zur Minimierung von Stoffeinträgen in angrenzende aquatische Systeme, z. B. im Sinne des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP), bereitgestellt und stringent umgesetzt werden.
ReWaMnet: Was sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Herausforderungen für See, Fluss, Grundwasser und Co. in den kommenden Jahren?
Olsson: Eine in Qualität und Quantität sichere und ausreichende Verfügbarkeit von Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen für ein langfristiges und nachhaltiges Leben in aquatischen Ökosystemen und für das menschliche Wohlbefinden. Die Bedrohung unserer Wasserressourcen infolge sich verändernder klimatischen Bedingungen in Verbindung mit einer Zunahme an Schadstoffen im Wasserkreislauf stellt eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft dar. Insbesondere die zunehmenden meteorologischen Extremereignisse, wie Trockenphasen und Starkregenereignisse, und deren Auswirkung auf den Stofftransport, z. B. erhöhter Erosion, Abspülen von Nährstoffen und auch landwirtschaftlicher Chemikalien, sind ein Teil dieser Herausforderung.
Um die damit verbundenen Risiken einschätzen und angepasste nachhaltige Managementmaßnahmen entwickeln zu können, ist es wichtig, Transport und Transformationsprozesse in aquatischen Systemen besser zu verstehen und Konzepte sowie Modelle zur Abbildung und Vorhersage einer möglichen Stoffausbreitung in Einzugsgebieten bereitzustellen.
MUTReWa ist eines von 15 Verbundprojekten in der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM). ReWaM ist Teil des BMBF-Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM) im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3).